Weit vom Stamm. Wenn Kinder ganz anders als ihre Eltern sind by Andrew Solomon

Weit vom Stamm. Wenn Kinder ganz anders als ihre Eltern sind by Andrew Solomon

Autor:Andrew Solomon [Solomon, Andrew]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104027227
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2013-09-29T16:00:00+00:00


Jeffrey Kahanes[1103] Vater wuchs in einer armen Einwandererfamilie auf, mit neun Personen, die in zwei Zimmern wohnten – und wurde schließlich ein angesehener Psychologe, der verlangte, dass sein Sohn eine ähnliche Entwicklung vollbringt. Man erwartete von Jeffrey, dass er regelmäßig zu Hause vorspielte. »Ich empfand Trost und Freude beim Klavierspielen, aber es war vergiftet. Ich wollte nicht, dass meine Liebe zur Musik allein dazu diente, dieses immense Bedürfnis meines Vaters zu stillen.« Mit zehn lernte Jeffrey während einer Sommerfreizeit Martha kennen. Sie schrieben sich anschließend lange Briefe und versprachen sich, recht jung zu heiraten und zwei Kinder zu bekommen – was sie dann auch taten. Martha studierte Musik im Hauptfach und wurde letztendlich Psychotherapeutin, Jeffrey wurde ein geschätzter Pianist und Dirigent.

Ihr Sohn Gabriel kam 1981 zur Welt. Martha bemerkte, dass er schon mit zwei Jahren tongenau singen konnte. Mit vier fragte er sie: »Hörst du, wie jazzig der Regen klingt?« Sein Talent war jedoch nicht mit Disziplin gepaart, und sein Geigenlehrer sagte irgendwann, es habe keinen Zweck, noch weiterzumachen. »Meine Mutter war für Disziplin, und mein Vater, der oft Auftritte hatte und viel weg war, hielt sich aus meiner musikalischen Erziehung überwiegend heraus«, erinnerte sich Gabriel. »Sie haben es beide richtig gemacht, und sie haben es beide falsch gemacht.«

Gabriels musikalische Einflüsse waren sehr verschieden. Er hörte Rap von Dr. Dre, Cypress Hill und House of Pain, aber er mochte auch die Musik seiner Eltern: Paul Simons Graceland, Joni Mitchells Blue, die Beatles. Er lernte Jazzpiano, sang in einem Chor und machte bei einem Musiktheater mit. Wenn er etwas lernen wollte, lernte er es: »Das Tempo, mit dem er als Teenie Klavier spielen gelernt hat, war irrsinnig«, erzählte Martha. An der Schule hatte Gabriel kein Interesse – worüber sich Martha ständig und Jeffrey überhaupt nie Sorgen machte. »Ich war der Ansicht, Hausaufgaben müssten erledigt werden«, meinte Martha. »Jeff vertraute dem Bildungssystem nicht. Ich erinnere mich, wie er zu mir sagte: ›Gabe hat großes Talent.‹ Ich hab das irgendwie auch begriffen, aber nicht so wie Jeff.«

Gabriel brach die Highschool ab. »Es war niederschmetternd, dass so ein intelligentes Kind ohne Abschluss dastand«, erzählte Martha. »Ist das schon kranker Ehrgeiz, dass ich so dachte?« Gabriel ging zum New England Conservatory of Music, machte einen Hörbildungstest und wurde gleich genommen. Nach einem Jahr aber fand er die Ausbildung dort zu beschränkt. Er war mit einer jungen Frau zusammen, die zur Brown ging, also bewarb er sich und wurde genommen. »Meine Selbstüberschätzung war hilfreich«, meinte er. »Ich habe einen überzeugenden Aufsatz dazu verfasst, warum ich in der Schule abkackte.« An der Brown University fand er Gefallen an der Vorstellung, etwas zu schaffen, das ihn überleben würde. »Kreativ statt interpretativ tätig zu werden erschien mir als Überwindung des Todestriebs«, erzählte er. Er begann zu komponieren, und sein erstes Musical wurde vom Kennedy Center ausgezeichnet.

Nach seinem Abschluss zog Gabriel nach New York und begann einen Liedzyklus namens Craigslistlieder, für die Online-Kontaktanzeigen als Libretto dienten. Premiere war 2006. Gabriel spielte die Lieder »an einem schrammigen Klavier in einer dreckigen



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